PES 2015
„PES 2015“ präsentiert sich in Bestform. Da zittert selbst „FIFA 15“ ...
Foto: Konami
Fangen wir mit dem Unvermeidlichen an: Ja, das Trikot zwickt und es schaut unförmig aus. Auf der Front ein merkwürdiges Rot in schmalen Streifen, ansonsten gähnende Leere. Kein Nike-Zeichen, kein Sponsor, kein Vereinsemblem – und das soll Arsenal London sein? Würde aus diesem Trikot nicht der Kopf von Mesut Özil hervorlunzen, könnte es sich auch um das muffige Trainingsleibchen vom SV Balzheim handeln. In dieser Liga bewegen sich auch die Lizenzen. Es fehlt die Bundesliga; es fehlen Vereinsnamen; es fehlt das exklusive Etikett, das heutigen Fußballfans so wichtig ist. Ein Tipp: Pfeifen Sie drauf! Das zwickende Trikot ist das einzige an „PES 2015“, was nach Kreisliga aussieht. Was auf dem Platz geschieht, geht eindeutig Richtung Weltklasse.

B

ereit für ein Freundschaftsspiel?


Mit „PES 2015“ gelingt der Serie erstmals der Sprung auf die neue Konsolengeneration, weshalb der Titel auch später als gewohnt erscheint. Für Konami scheint das Anlass genug zu sein, dem gesamten Spiel einen neuen Look zu verpassen: Das frisch renovierte Menü wirkt mit seiner Kacheloptik sachlicher, so erscheinen häufig genutzte Spielmodi automatisch weiter vorne, und das Arbeitstempo in der Navigation ist hoch. Ein guter Auftakt: Die Spieleröffnung gelingt „PES 2015“ mühelos.

PES 2015
Erstmals erscheint „PES“ für PlayStation 4 und Xbox One. Grafisch zeigt sich der Titel nur leicht verbessert.
Foto: Konami

Nach dem Geschmack von Guardiola


Eine gute Spieleröffnung – da passt Philipp Lahm sehr gut ins Bild. Doch bevor Sie die erste Freundschaftspartie starten, rücken Sie den Weltmeister, der ja inzwischen im Mittelfeld die Fäden zieht, wieder zurück auf die Außenbahn. Dort nützt er Ihnen einfach mehr. Typisch „PES“: Werden Sie zum Taktiker! Probieren Sie verschiedene Systeme aus, testen Sie Ihre Lieblingsspieler auf mehreren Positionen, machen Sie die abkippende Neun zur falschen Doppelsechs: Es lohnt sich. Event-Fußballer werden darüber weiter mit dem Kopf schütteln, „PES“-Zocker kennen es nicht anders und freuen sich, dass auch Teil 2015 taktische Tiefe sondergleichen bietet.

Klingt gut


Und dann stehen die Kicker im Spielertunnel und warten bis man sie in die Manege lässt. Hier stellen Sie erstmals die detaillierten Spielermodelle fest: Manuel Neuer & Co. sehen ihren realen Vorbildern verblüffend ähnlich. Draußen dröhnen die Fans, während sich die Kommentatoren Wolff-Christoph Fuss und Hansi Küpper schon mal warmreden. Dann beginnt die Champions-League-Hymne und Sie wissen, dass Konami bei der Präsentation der Matches eine gehörige Portion Gänsehaut draufgepackt hat. Noch nie war die Stimmung in „PES“-Stadien so ausgelassen.

PES 2015
Die Stimmung in den Stadien überzeugt, auch die deutschen Kommentatoren Wolff-Christoph Fuss und Hansi Küpper gefallen.
Foto: Konami

Alles im Fluss


Doch Sie wissen, dass das bloß Vorgeplänkel ist und Sie spätestens nach ein paar Tagen keine einzige der Zwischensequenzen mehr ansehen werden. Dann drücken Sie nur noch nervös auf die Starttaste und wollen dorthin, wo das Herz eines Fußballspiels schlägt: auf dem Platz. Im Vorgänger hatte „PES“ leider genau hier seine Problemchen. Vor allem die im letzten Jahr etablierte Fox-Engine brachte den Kick oft aus dem Tritt. Die Spieler wirkten träge und reagierten erst nach kurzer Verzögerung. „PES 2015“ präsentiert sich zum Glück deutlich zackiger: Schweinsteiger und Konsorten reagieren unmittelbar. Egal, was Sie mit ihnen anstellen – eine schnelle Richtungsänderung zum Beispiel, ein direkter Schuss, oder ein plötzlicher Sprint – es fühlt sich butterweich und glaubwürdig an. Die Steuerung unter der überarbeiteten Fox-Engine funktioniert meistens reibungslos.

PES 2015
„PES 2015“ brilliert in der Ballphysik: Die Flugkurve des Leders bleibt jederzeit glaubwürdig.
Foto: Konami

Schubsen wie Zlatan


Dass sich die Kicker so authentisch anfühlen, liegt aber nicht nur an der präzisen Bedienung. Es ist insbesondere der exakten Nachbildung der Spieler geschuldet: Sie brauchen nicht die Rückennummer zehn suchen, um Arjen Robben zu identifizieren – Sie merken es bereits an seinem Hochgeschwindigkeits-Laufstil, an der Art und Weise, wie er nach Zweikämpfen zu Boden geht. Die Physis der Pixelkicker rückt den Vorbildern bedrohlich nah auf die Pelle, weshalb Sie auch die realen Stärken der Stars ausspielen sollten. Mit Arjen Robben gelingt etwa der Haken in die Mitte spielend, und Toni Kroos trifft auch aus zwanzig Metern knackig unter die Latte. Unverwechselbar betont „PES 2015“ die individuellen Stärken der Stars – für eine Fußball-Simulation ein enorm wichtiges Gütesiegel.
Doch auch dank der feinen Ballphysik verdient „PES 2015“ das Attribut „Fußball-Simulation“. Zwischen einer behutsamen Rückgabe aus drei Metern und dem druckvollen Steilpass in die Sturmspitze liegen Tausend Grautöne. Abhängig von der Qualität des ausführenden Spielers und Ihrem Fingerspitzengefühl kann ein Torschuss mal butterweich durch die Beine des Torhüters flutschen oder wuchtig-satt an die Latte knallen. „PES 2015“ fühlt sich nuanciert wie der Innenrist von Thiago Alcántara an. Und es bewältigt dabei die Königsdisziplin in virtuellen Fußballspielen: Die Flugkurve des Leders bleibt jederzeit glaubwürdig.

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Lauf dich doch frei!


Anders sieht es bisweilen nur bei den eigenen Mitspielern aus: Die laufen nämlich nicht immer nachvollziehbare Wege. Während Sie etwa gerade mit dem durchaus abspielfreudigen Kevin de Bruyne aufs Tor brettern, bleiben Ihre Teamkollegen gerne mal stehen und laufen sich nicht frei. Das nervt und müsste von den Entwicklern mit einem Patch dringend behoben werden.
Auch das Spiel auf engem Raum stottert manchmal. Verteidiger sind selten in der Lage, einen stark umkämpften Ball komplett zu behaupten. Viel zu häufig schnappt sich unmittelbar ein Gegner das Spielgerät – und es beginnt ein leidiges Getrete im Mittelfeld, aus dem sich, erst nach vielen Anläufen, jemand mit einem langen Heber befreien wird. Das ist meistens ziemlich öde – kommt aber zum Glück nicht allzu oft vor.

Fazit: Pro Evolution Soccer 2015


Einen Strategen wie Xabi Alonso durch das Mittelfeld zu führen, verspricht in „PES 2015“ genauso viel wie in der Realität: Ideenreichtum und Souveränität. Darin liegt die vielleicht größte Stärke des fantastischen „PES 2015“: Die individuellen Fähigkeiten der Kicker sind derart markant und spielentscheidend, dass der Zocker am Controller gut beraten ist, sich auf sie einzulassen. In Kombination mit der tollen Ballphysik mausert sich „PES 2015“ auch mit leichter Verspätung und ohne Bundesliga zur besseren Fußball-Simulation: Hier legt man sich seinen Gegner zurecht, erkennt Lücken in seiner Defensive und schlägt dann mit einem wohldosierten Steilpass zu. Das erfordert oft Geduld und ist manchmal anspruchsvoller als „FIFA“. Dafür belohnt Sie „PES 2015“ mit spielerischer Freiheit und einer zeitgemäßen Präsentation.
Erscheinungstermin „Pro Evolution Soccer 2015“: 13. November 2014 für PC, PS3, PS4, Xbox 360 und Xbox One.